Klar, Rafting ist eine junge Sportart – erst in den 1980er-Jahren wurde sie in Europa populär. In den USA fanden bereits in den 60er-Jahren erste kommerzielle Schlauchbootabfahrten statt. Zwanzig Jahre später schwappte der nasse Actionsport auch nach Italien, Frankreich Österreich und Südtirol über. An den wilden Flüssen der europäischen Alpen entstanden die ersten Rafting-Zentren und Sicherheitsstandards etablierten sich. In Südtirol entstanden in den späten 80er-Jahren die ersten Rafting-Vereine.
Das Befahren von Flüssen ist nicht neu, nur der Zweck änderte sich
Der englische Begriff „raft“ bedeutet so viel wie „Floß“ – an der Etymologie erkennt man bereits die Wurzel des Sports. Das Befahren von Flüssen an sich ist natürlich nicht neu – nur der Zweck hat sich geändert. Rafting in Meran gibt es eigentlich schon seit dem späten 17. Jahrhundert. Allerdings fuhr man damals nicht (nur) aus Abenteuerlust auf Flüssen, sondern die Abfahrten hatten einen ganz pragmatischen Zweck: Damals wurde das Brennholz für die Stadt Meran über den Fluss Passer „angeliefert“. Holzstämme wurden vom Passeiertal nach Meran „geflößt“ oder „getriftet“. Im Stadtzentrum auf der Höhe der Postbrücke angekommen, wurden die Hölzer in einen Kanal bugsiert, der mit einem zu Flussmitte hingewandten Rechen ausgestattet war. (Abb. 1)
Was heute die „Raft-Guides“, waren einst die „Flößer“
Die Stadt Meran hatte Vorrecht auf das Holz und bekam sogar einen Teil der Brennholzerlöse als Entschädigung für den Rechenbau. Das Flößen und Einfangen der Holzstämme im Passer-Wasser war eine gefährliche Arbeit, auch weil das Triften oft auf die Zeit der Schneeschmelze fiel.
Der Holzhirte an der Passer-Promenade
Aufsicht über die Arbeiter, die die Stämme ans Ufer brachten, hatte der sogenannte „Holzhirte“. Er war es auch, der über den späteren Verkauf des Holzes genau buchführen musste. Das angeschwemmte Holz wurde direkt auf der heutigen Promenade nach der Postbrücke (Abb.2) für den Weiterverkauf gelagert. Der Holzhirte wachte darüber, dass keiner unerlaubt Holzstämme verkaufte. Um 1815 war Johann Pircher der Holzhirte der Passer-Promenade: Er erhielt ein Jahresgehalt von 110 fl. Entdeckte er einen wiederrechtlichen Verkauf, wurde ihm ein Viertel des Strafbetrages zugesichert, den der Dieb zu bezahlen hatte.
Rafting in Meran heute
Im Laufe der Zeit fanden sich andere Transportmittel für Holz. Doch das Rafting in Meran blieb – wenn auch in abgewandelter Form: Heute steht das Erleben der faszinierenden Flusslandschaft im Passeiertal im Meraner Land im Zentrum einer Flussabfahrt. Abenteuerlust braucht es nach wie vor – heute wie damals.